Min(e)dfields

8.8.  —
19.11.2004

Eine Kooperation mit der Stadtgalerie Bern und The Gallery Premises Johannesburg. Ein Projekt von Sabine Schaschl-Cooper, Stephen Hobbs, Katrien Reist van Gelder und Beate Engel.

Der intensive kulturelle Austausch der letzten Jahren zwischen Südafrika und der Schweiz bildet den konzeptuellen Ausgangspunkt für das Projekt Min(e)dfields, welches KuratorInnen, KunstkritikerInnen und KünstlerInnen beider Länder zusammenführt. Min(e)dfields wird als Kooperation durchgeführt zwischen dem Kunsthaus Baselland, Muttenz, der Stadtgalerie Bern und The Gallery Premises, Johannesburg. Alle drei Institutionen zeigen unter dem gleichnamigen Titel eine Auswahl von KünstlerInnen, welche spezifisch auf den jeweiligen Ort, dessen grundsätzliche Ausrichtung und Funktionsweise sowie Ausstrahlung auf die unmittelbare Region abgestimmt ist. Positionen, die sowohl in Muttenz als auch in Bern gezeigt werden, bilden eine inhaltliche Klammer. Die Ausstellungen verstehen sich als Momentaufnahmen innerhalb eines Work-in-progress und als Auftakt für eine langfristige Diskussion, deren Ergebnisse in der 2005 erscheinenden Publikation aufgezeichnet werden. Die mehrfache Lesemöglichkeit des Titels eröffnet ein breites Diskussions- und Assoziationsfeld, welches die geologischen Minen (Minefields) Südafrikas und die damit zusammenhängende wirtschaftliche Ausbeutung von Land und Leuten durch wenige Firmen und ihre Verbündeten in den westlichen Ländern beinhaltet, ebenso wie die geistigen Minenfelder (Mindfields) als Folge der politischen Monstrosität des Apartheid-Regimes. Obwohl durch den Wechsel der Regierung offiziell beendet, bestimmt jenes Regime noch heute den gesellschaftlichen Alltag; immer wieder entzünden sich Auseinandersetzungen und ‹verminte Felder› (mined fields) scheinen zu explodieren. Dennoch haben zehn Jahre Demokratie die Türen für einen öffentlichen internationalen Diskurs über den Wandel geöffnet. Min(e)dfields untersucht die Komplexität des Navigierens durch die neuen sozialpolitischen Territorien, welche auf verschiedenster Ebene Engagement, Übersetzung und Interpretation erfordern. Unter der starken Welle von zukunftsorientiertem Optimismus sind deutlich labile, empfindliche Strömungen spürbar, auf welche Min(e)dfields reagiert, indem das Projekt die Rolle der Kunst bei der Neudefinition einer demokratischen Gesellschaft untersucht. Die Ausstellung im Kunsthaus Baselland fokussiert auf Überlegungen zur Rezeption südafrikanischer Gegenwartskunst und hinterfragt eingefahrene westliche Betrachtungsmuster.

KuratorIn: Sabine Schaschl

Dillier Monika G 2004 1
Monika Dillier, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2004, Foto: Kunsthaus Baselland

Monika Dillier (geb. 1947 in Obwalden/CH, lebt in Basel) hält in ihren verschiedenformatigen, gemalten oder gezeichneten Papierarbeiten und Fotografien Bilder fest, die sowohl den alltäglichen Neuigkeiten aus den Medien entspringen, als sich auch mit Bildern aus der Erinnerung mischen. Die Künstlerin beschreibt ihre Arbeitsweise so: «Ich zeichne was ich gerne sehe. Ich weiss aber oft nicht, warum ich etwas gern sehe. (...) Es ist ein Glücksgefühl, etwas gern anzuschauen, obwohl es einem unverständlich ist. Dabei kommt dem Zeichnen die Funktion des Nachahmens zu.» Bereits vor Antritt ihrer Südafrika-Reise entstanden Werke, die die gedankliche Vorbereitung ebenso wie die Erwartungshaltungen an ein unbekanntes, durch mediale Vermittlung mit geistigen Bildern versehenes Land aufgreifen. In Boat people fokussiert Dillier auf ein bedenkliches Bild der gegenwärtigen Gesellschaftsbefindlichkeit: Dem Eingekeilt- Sein der Flüchtenden zwischen dem Wunsch nach einem neuen, besseren Leben und der gleichzeitigen Angst davor, entsprechen im Bild die im Boot festgehaltenen Menschen, von Überwachungslichtern erfasst, welche der Obhut der sie Festnehmenden ausgeliefert sind. Während ihres Aufenthaltes in Kapstadt wird ein Zeitungsbild zum Ausgangspunkt mehrerer Papierarbeiten. Eine junge, in einem Township wohnende Frau hat sich für einen bestimmten Anlass schön angezogen. Ihr buntes Kleid wird in verschiedenen Arbeiten zum Symbol eines nachgelebten Momentes. Monika Dillier will nicht dokumentieren, sondern vielmehr Bilder festhalten, die von objektiven und subjektiven Momenten, von gegenwärtigen und vergangenen Bedeutungen oder von diesem oder jenem Kontext geprägt sind.

Friedl Peter G 2004 1
Peter Friedl, Four or Five Roses, 2001—2004, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2004, Foto: Kunsthaus Baselland

Im Zentrum von Peter Friedls (geb. 1960 in Oberneukirchen/A, lebt in Berlin) Projekt Four or Five Roses stehen Interviews und Gespräche, die der Künstler im Lauf von drei Jahren auf Spielplätzen in Johannesburg, Kapstadt und in den umliegenden Townships geführt hatte. Die Geschichten der 4 bis 14 jährigen Kinder wurden aus den diversen Sprachen Südafrikas (es gibt elf offizielle Sprachen) ins Englische übersetzt und ausschliesslich in Monologform publiziert. Der Monolog, wörtlich ein ‹Selbst-Gespräch›, wird vor allem im Drama angewendet und ist in der Regel an eine imaginäre Person (Publikum) gerichtet. Die kindlich naiven, frei und direkt formulierten Inhalte stehen im Gegensatz zur Theatralik des klassischen Monologs. In Oszillieren zwischen Alltäglichkeit und Fremd-Sein zeigen die einzelnen Monologe in Kindersprache soziologische und wirtschaftliche Hintergründe auf, welche die südafrikanische Gesellschaft schon seit langem in verschiedene Gruppen spaltet. Peter Friedl hinterfragt mit diesem Projekt nicht nur soziale Realitäten, die Geschichte und Politik Südafrikas, sondern versucht einen Weg zu finden, bei dem die Kunst mit Hilfe existierender Formen eine Re-Kontextualisierung erfahren kann. Die Präsentation von Four or Five Roses in Form von an die Wand tapezierten Druckbögen der einzelnen Texte aus dem gleichnamigen Buch bricht mit den mit dem Thema ‹Kindheitsdarstellung› verbundenen, traditionellen Präsentationsmittel der Kunst: Anstelle von Kindervideos, -fotos etc. steht nur der Text, dem im Ausstellungskontext eine neutrale, hinweisende und erklärende Funktion zukommt.

Herzog Samuel G 2004 1
Samuel Herzog, Fischerboote am Strand von Lugrin, südlich der Hauptstadt von Santa Lemusa, Foto: Kunsthaus Baselland

Samuel Herzog (geb. 1966 in Basel/CH, lebt in Basel), Journalist, Künstler und Importeur von HOIO-Produkten aus Santa Lemusa bietet anlässlich der Ausstellung die Möglichkeit an, ein Einreisevisum für die karibische Insel Santa Lemusa zu erhalten. In einem ersten Raum kann das für den Visumsantrag nötige Formular ausgefüllt werden. Anschliessend erhält der Besucher während den limitierten Büroöffnungszeiten (Mittwoch 18—20 Uhr während der Ausstellung) Eintritt in den Warteraum, ein temporärer Transitraum, in dem ein Film über Santa Lemusa die Wartezeit verkürzt. Nach Aufruf durch das Büro, kann der Visumsantrag (auch zum Herunterladen unter: www.lemusa.org) offiziell eingebracht und die Installation verlassen werden. Samuel Herzogs Projekt thematisiert Situationen des Wartens, die einerseits mit den Sehnsüchten jener, vom Fernweh Getriebenen, andererseits mit dem endlosen Warten derjenigen, denen ein freies Reisen versagt bleibt, zu tun haben. Sein Aufenthalts-, Warte- und Büroraum sind Räume einer Fiktion, wobei der Künstler auslotet, wie nahe eine Fiktion an die Realität heranzukommen vermag. So erreichbar das tropische Paradies dem hoffnungsvoll Wartenden scheint, es bleibt Teil der Phantasie. Der Visumsstempel in unseren Pässen, sowohl Ausdruck gesammelter Erinnerungsmomente, als auch Symbol für das Fremdsein, wird zu einem Teil unserer Identität, zu einem Moment in unserer Biographie.

Kearney Alison G 2004 1
Alison Kearney, Monument (Museum Piece), 2002/2004, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2004, Foto: Kunsthaus Baselland

Alison Kearneys (geb. 1978 in Johannesburg/SA, lebt in Johannesburg) Interesse gilt der Kontext- und Methodenfrage von Ausstellungspräsentationen. Ihre neuesten Werke beschäftigen sich mit Objekten, die von Südafrikanischen Hawkern, also Strassenverkäufern, angeboten werden. Im Jahre 2002 initiierte die Stadt Johannesburg das so genannte EGOLI 2002 Projekt, welches die Hawker, wenn nötig gewaltsam von ihren bisher frei wählbaren Strassenplätzen vertrieb. In den ihnen zugewiesenen speziellen Zonen sind Gebühren zu bezahlen, die sich viele nicht mehr leisten konnten. Die mit diesem Erlass verbundenen Veränderungen im Stadtbild evozierten Kearneys Fragestellung nach dem Beziehungsgeflecht zwischen Museen und den in ihnen bewahrten Kulturgütern, nach dem Zustandekommen von Wertschätzung und Wertschöpfung.

In ihrer Installation Monument (Museum Place) präsentiert sie verschiedenste, von Strassenverkäufern erworbene Waren. Anstelle der museumstypischen, pseudoneutralen Sockel und Vitrinen verwendet sie ein Arrangement aus Holzkisten als Präsentationsplattform. Mit der Bezeichnung von «Monument» und «Museum Place» appropriiert Kearney die Wertzuschreibungen, die öffentlichen Denkmälern und den in Museen gezeigten Werken zuteil wird, während sie gleichzeitig aufgrund der Präsentationsweise den Status der Institution unterwandert.

Kentridge William G 2004 1
William Kentridge, Mine, 1991, Foto: Kunsthaus Baselland

William Kentridge (geb. 1955 in Johannesburg/SA, lebt in Johannesburg) ist vor allem durch seine vier bis acht minütigen Animationsfilme bekannt geworden. Seine Technik, die er selbst als «Drawings for Projection» nennt, besteht aus Kohle- und Pastellkreidezeichnungen, die während ihres Entstehungsprozesses mit einer Kamera gefilmt werden. Durch wiederholtes Wegradieren und Neuzeichnen entwickelt Kentridge die einzelnen Szenenfolgen. Der Film Mine (Bergwerk) von 1991 ist der dritte, den der Künstler über Soho Eckstein — den Johannesburger Magnaten und Bauunternehmer gemacht hat. Wie ein Porträt schildert der Film den Tagesablauf im Bergwerk, welcher nach dem Gegensatz von oberhalb und unterhalb der Erdoberfläche strukturiert ist. Kentridge beschreibt seinen Inhalt so: «In diesem Film sehen wir Soho Eckstein als Minenbesitzer, der eine komplette Sozial- und Öko-Geschichte zutage fördert. Sklavenschiffe aus dem Atlantik, königliche Köpfe des Stammes der Ife und zu guter Letzt ein Miniatur-Nashorn, in den Fels eingelassen, werden von den Bergleuten ausgegraben und Soho gebracht, der seinen morgendlichen Kaffee zu sich nimmt.» Kentridge spielt vor allem mit den ‹Ife›-Kopf aus Nigeria auf die kolonialistische und touristische, exotisierende Sicht auf Afrika an. Das winzige Nashorn, das am Ende des Filmes Soho gebracht wird, wird zum Symbol Afrikas, das die Aufmerksamkeit auf den ökologischen Schaden, hervorgebracht durch die Industrie, lenkt.

Langa Moshekwa G 2004 1
Moshekwa Langa, I am so sorry, 2000, Foto: Kunsthaus Baselland

Die Zeichnungen, Fotografien, Videos und Installationen Moshekwa Langas (geb. 1975 in Bakenberg/SA, lebt in Amsterdam) navigieren emotional und poetisch durch zahlreiche verminte Felder, seien es politische Realitäten einer postkolonialistischen Gesellschaft, Diaspora Erlebnisse oder der von der gesellschaftlichen Umgebung vermittelte Eindruck des Anders-Sein. Ein Teil seiner jüngsten Werke kann unter dem Begriff «mental maps» zusammengefasst werden. Der Künstler zeichnet Landkarten mit Anleihen aus der Realität, aber auch fiktiven, persönlich konnotierten Ergänzungen oder greift auf Objekte wie Landkarten oder Telefonbücher zurück, die er mit Klebebändern, Papierstreifen und ähnlichen Materialien weiterbearbeitet. Jede der zusätzlichen Schichten oder intervenierenden Striche oder Worte fügt neue Bedeutungen und Referenzen hinzu, die den Betrachtenden zum Decodieren auffordern.

Mama Thando G 2004 1
Thando Mama, Mind Space, 2004, Foto: Kunsthaus Baselland

Eine der zentralen Fragestellungen in den Videoarbeiten von Thando Mama (geb. 1977 in Butterworth/SA, lebt in Durban) beschäftigt sich mit der Konstruktion von Identität. Er unternimmt den Versuch, seinen Körper und seine Erfahrungen im Bezug auf Identitätsbildung zu dekonstruieren: «In my culture, identity comes with what clan, family and tradition makes at that particular time. With my work I take myself as a point of focus: my body, face, voice, music, movies inform who I am. I cannot run away from that. [...] Over [...] time I have noticed that this identity changes, it changes when you are with different people, and with time. Sometimes I feel more comfortable to comment about my identity in relation to what the majority of African men go through» (aus Kat. MTN new contemporaries 2003). Mama nutzt die Videotechnik um seine Identitätsbilduntersuchungen herauszustreichen. In seinem Video Mind Space bewegt er sich im Dunkeln auf die im ‹night shot›-Modus operierende Kamera zu und vollführt dabei eine Art rituellen Tanz. Die ‹slow shutter› Geschwindigkeit der Aufnahme verzerrt die Abläufe und betont so jede einzelne Bewegung; der ‹night shot›-Modus lässt die dunkle Haut hell erscheinen.

Murray Brett G 2004 1
Brett Murray, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2004, Foto: Kunsthaus Baselland

Brett Murray (geb. 1961 in Pretoria/SA, lebt in Kapstadt) ist vor allem für seine narrativen Metall-‹zeichnungen› und Skulpturen bekannt. Mit satirisch ironischem Zugang schildert er Szenen, die kulturelle Differenzen, Zusammenstösse zwischen afro- und eurozentrischem Gedankengut oder das Aufeinanderprallen zwischen dem ‹alten› und ‹neuen› Südafrika thematisieren. Oft bezieht er wiedererkennbare mediale Figuren und Bilder ein, die er subversiv umkehrt: «If another white artist brings me a portfolio of guilt, crisis of identity and memory ... I’m going to throw up», lässt er beispielsweise den afrikanischen Kannibalen sagen, der die Rolle des Kurators übernommen hat. Murray formuliert Gedanken, die in der Post-Apartheid Gesellschaft selten offen ausgesprochen werden, wobei er sich selbst und seine weisse Hautfarbe nicht ausklammert. Im Gegenteil, er thematisiert sowohl die Schuldgefühle der weissen Bevölkerung resultierend aus dem Rassismus der Apartheid, als auch deren Suche nach einer neuen Identität. Freuds Analyse zum Witz, dem er eine kathartische Funktion zuweist, gilt insofern auch für Murrays Satiren.

Rhode Robin G 2004 1
Robin Rhode, Passing Circles, 2004, Foto: Kunsthaus Baselland

Robin Rhode (geb. 1976 in Kapstadt/SA, lebt in Berlin) hat in den letzten Jahren durch seine unkonventionelle Kunstpraxis auf sich aufmerksam gemacht. Im Zentrum seines Werkes stehen Performances, gewachsen aus den Erfahrungen seiner High-School- und Jugendzeit in der Umgebung von Johannesburg, Elementen der Strassenkultur (Sport, Musik, Mode und eine Art Überlebensstil), welche er mit der Kultur des ‹Kunst-Machens› verbindet. Rhode ist davon überzeugt, dass Kunst eine bildende und praktische Funktion innehat, weshalb seine Performances auch im Alltags-‹Raum› — Plätze, Strassen und Parks der Vorstädte — stattfinden. In den Performances zeichnet er in der Regel mit Kohlestift ein Ausgangsmotiv auf die Wand, mit welchem er daraufhin ‹dreidimensional› interagiert und eine Geschichte erzählt. Ein gezeichnetes Auto beispielsweise wird zum Wunschobjekt eines Diebes, gespielt von Rhode, der versucht sich mit einer Brechstange Zugang zu verschaffen. In Rhodes Performances spielt die Undurchdringlichkeit der Wand keine Rolle — sie wird vielmehr zur Projektionsfläche einer kurzzeitig ausgelebten Fiktion. Auf Video und in Fotoserien aufgenommen, werden die Performances in einem gewählten Zeitraster festgehalten. In der aktuellen Fotoserie Mine wird ein gezeichneter Kohleberg nach und nach, in schwerster physischer Arbeit und unter Zuhilfenahme eines realen Rollwagens verschoben. Rhodes Interventionen transformieren alltägliche Vorkomnisse in humorvolle, aber auch scharfe Kommentare zu Themen der Geschichte, Identität, Kultur und der sozio-ökonomischen Realität Südafrikas.

Schwander Markus G 2004 1
Markus Schwander, Dogs & Flowers, 2004, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2004, Foto: Kunsthaus Baselland

In Dogs & Flowers von Markus Schwander (geb. 1960 in Reussbühl/CH, lebt in Basel) vermischen sich zwei Motive, die er während seines Aufenthaltes in Kapstadt entwickelt hat, die auf den ersten Blick so gar nicht zusammenpassen mögen, auf den zweiten jedoch einen Teil der Realität jener boomenden, jung dynamischen Stadt aufzeigen. Ein Element in den Zeichnungen oder der aus Stempelmotiven zusammengestellten Wandarbeit sind diverse Blumenmotive: Hyazinthen, Bougainvillea, Gerbera und Kaiserrosen repräsentieren die wilde Natur des Südens, der als Touristenattraktion Menschen aller Länder anzieht. Ebenso omnipräsent wie die Blumen sind Schilder an den Umzäunungen der Wohnhäuser, die vor bissigen Hunden warnen. Der Schriftzug «Beware» wird meist unterstützt von Bildern zähnefletschender Hunde, die zum Schutz der eingezäunten Idylle eingesetzt werden. Hunde, die bereit sind gewaltsam gegen Eindringlinge vorzugehen, bilden das zweite Motiv in Schwanders — durchs Blaupapier ab- oder mit Stempelkissen aufgedruckten — Arbeiten. Der Künstler führt die Koexistenz von paradiesischen Zuständen und sozialen Wunden, von Idylle und Aggression, von Ein- und Ausgeschlossen-Sein vor Augen.

Siopis Penny G 2004 1
Penny Siopis, Snare, 2004, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2004, Foto: Kunsthaus Baselland

Für Penny Siopis (geb. 1953 in Vryburg/SA, lebt in Johannesburg) sind die Geschichten rund um Gegenstände und Objekte, die Menschen ein Leben lang begleiten, ein wichtiger Ansatzpunkt für die Konzeption ihrer jüngsten Werke. Das visuelle Erlebnis einer grossen Ansammlung von Möbeln, Kleidern, selbst gefertigten Gegenständen, Nippes und Fotografien eines Verstorbenen, die Siopis verlassen auf einer Strasse fand, war ausschlaggebend für eine Reihe von Installationen. Objekte aus dem Privat- und Familienbesitz der Künstlerin finden darin ebenso Eingang wie Hinzugekauftes und Gefundenes, das zerstreut am Boden liegend, zu Stössen aufgehäuft oder in Netzen verfangen präsentiert wird. Die ursprünglichen Einzelteile gruppiert Siopis zu einem neuen Ganzen, dessen emblematisches Aufgeladen-Sein aus der Vermischung von privaten und öffentlichen Elementen resultiert. In Siopis’ Installationen wird ein Trauma manifest, das im Verlassen des Körpers begründet liegt, dessen Hüllen und Gegenstände ihre bisherige persönliche Zugehörigkeit und den lebens-geschichtlichen Faden, den sie um die Person gesponnen hatten, verloren haben. Ein solcher Verlust durch Tod oder Emigration hat nicht zuletzt auch Auswirkungen auf das soziale und kulturelle Leben eines Landes. Die Autorin Jennifer Law weist in diesem Zusammenhang auf die grosse Auswanderungswelle weisser Südafrikaner hin, die ihr Land seit Einführung der Demokratie verlassen haben und somit Fragen der Zugehörigkeit und Staatsbürgerschaft erneut aufkommen lassen.

Veleko Nontsikelelo G 2004 1
Nontsikelelo 'Lolo' Veleko, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2004, Foto: Kunsthaus Baselland

Nontsikelelo ‚Lolo’ Veleko (geb. 1977 in Kapstadt/SA, lebt in Johannesburg) untersucht in ihren Mode-Fotografien, Graffitiarbeiten und Installationen Fragestellungen in Bezug auf gemischte Ehen in der südafrikanischen Post-Apartheid Gesellschaft. «How black is not black enough», lautet die Fragestellung und ist gleichzeitig der Titel einer kürzlich entstandenen Werkserie, wo die Künstlerin vermeintlich typische Merkmale des Schwarz-Seins jenen des Weiss-Seins gegenüberstellt. Das Projekt entstand aufgrund persönlicher Erlebnisse, bei denen sie Vorwürfe begegnete, nicht wie eine Schwarze zu gehen, sich nicht so zu kleiden und nicht das zu essen, was Schwarze essen. Im Benennen der Stereotypen und ihrer als gegensätzlich dargestellten Auflistung trägt Veleko zu deren Hinterfragung bei. Sie beschreibt den Ausgangspunkt für ihre Untersuchungen so: «As I grew up I heard of inter-marriages amongst South African people and I’m personally part of that history. My tribe consists of three cultures and I’m able to speak three languages easily (Xhosa, Zulu and Sotho). My tribe comes from amaXhosa, which is like a big umbrella of all the others including mine, which is called amaHlubi. There is very little known of this tribe and South African history books fall behind on securing information on amaHlubi. [...] I always wonder how cultures were started. This is my interest in inter-marriages, which result in new cultures.» (aus Kat. MTN new contemporaries 2003)