Ernte 2012
28.3.
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22.4.2012
Statements
Kunstankäufe des Kantons Basel-Landschaft
Die Ausstellung Ernte präsentiert einmal jährlich die von der beratenden Fachkommission Kunst vorgeschlagenen Ankäufe für die Sammlung Kunstkredit Baselland. Die Vielfalt der Kunstformen und die Individualität der einzelnen Positionen unterstreichen die Vielseitigkeit des regionalen Schaffens. Ernte 2012. Statements gibt den Kunstschaffenden, den Experten sowie den Betrachtern eine Plattform und eine Stimme — das Dialogfeld zwischen Macher/in und Betrachter/in ist offen und lädt zu kreativem Austausch ein.
Statements, Aussagen, Standpunkte, Quotes oder Zitate — obschon unterschiedlich in ihrer Form und Länge, bezeichnen sie doch dasselbe: Meinungen, Stimmen, die sich melden, um der Öffentlichkeit eine subjektive Haltung mitzuteilen. Ob es sich dabei um etwas Geschriebenes, Gemaltes oder Geformtes handelt, ist in
dieser Definition Nebensache.
Wie oft schon stand ich vor einem Kunstwerk und habe mir heimlich gedacht: Warum? Woher? Bin ich zu dumm, um zu verstehen, was ich sehe? Oft habe ich mir in solchen Situationen gewünscht, den Künstler oder die Künstlerin vor mir zu haben, um ihn oder sie mit Fragen überhäufen zu können! Experten verunsichern häufig — wenn auch in bester Absicht, mit Texten und Erklärungen, welche zu einem tieferen Verständnis der Kunst verhelfen sollen. Zu oft erzeugt diese interpretierende Vermittlung das Gegenteil, sie führt zu Distanz statt Nähe. Anderseits wird Kunst heute wie ein Statussymbol verwendet und man erwartet, dass sie zugänglich ist, auch ohne Hilfestellungen. Kunst ist subjektiv, jeder Betrachter hat eine Meinung, und der Künstler, die Künstlerin wissen dies, spielen vielleicht damit und erzeugen so einen automatischen Diskurs zwischen sich und den Betrachtenden. Man hat die Wahl: Man kann vorbeigehen, zum nächsten Kunstwerk, oder man bleibt stehen und lässt es auf sich wirken und nimmt die ausgestreckte Hand des Künstlers oder der Künstlerin an. Persönlich verlangt dies viel ab, denn niemand gibt gerne zu, etwas im ersten Moment nicht zu verstehen. Doch das Einlassen auf ein Kunstwerk bringt einen vielleicht an die eigenen Grenzen, im besten Fall gar zu deren Überschreitung und zu einer Art Aha-Erlebnis.
Eine oft unverzichtbare Hilfestellung für den Einstieg in eine Ausstellung bietet das Kuratieren, die Inszenierung des Gebotenen. Denn die Einordnung des Einzelnen in ein Ganzes macht es einfacher, die verschiedenen Elemente in den passenden Kontext zu setzen und Verbindungen herzustellen, die ohne diese Eckpfeiler vielleicht verborgen blieben. Die Türe ist also geöffnet, es ist dem Betrachter selbst überlassen, ob er die Einladung annimmt oder nicht.
Wie kann man der ERNTE ein übergreifendes Thema geben und eine Verbindung zwischen den Werken dar- stellen, wenn es kein kuratorisches Prinzip gibt? Eine Ansammlung von eindrücklicher Vielfältigkeit des regionalen Schaffens — das reicht nicht, um die einzelnen Werke und vor allem die einzelnen Künstlerinnen und Künstler herauszuheben. Unsere Rahmensetzung besteht in der Tatsache, dass es sich um individuelle Stimmen, Zitate, Standpunkte, Aussagen oder Statements an der Wand und im Raum handelt, die zusammen ein Ganzes ergeben. Ein Bild und einen Eindruck von sowie eine Einsicht in die Region Baselland.
Die Ausstellung der Kunstwerke wird ergänzt durch Statements und Aussagen der Kunstschaffenden selbst, im realen Raum des Kunsthauses sowie hier im Magazin und im virtuellen Raum auf Facebook. Die Verbindung zwischen der Ausstellung, dem Magazin und Facebook ist zentral, denn dem Betrachter wird so die Möglichkeit geboten zu sehen, zu verstehen und schlussendlich zu kommentieren.
Den zwölf Künstlern und Künstlerinnen wurden die gleichen Fragen gestellt: Wie haben Sie zur Kunst gefunden und wie, wenn überhaupt, widerspiegelt sich die Aussenwelt in Ihrem Schaffen? Welche Herausforderungen spüren Sie und welches sind Ihre Perspektiven und Visionen? Wohin führt die Reise und was bedeutet es für Sie, vom Staat gefördert zu werden, zum Beispiel durch Ankäufe? Die Aussagen der Kunstschaffenden, ihre Meinungen, Wünsche, Beschwerden, Ziele und Interessen sind inspirierend in ihrer Eigenständigkeit und Individualität — diese Vielfalt auf geografisch gesehen relativ kleinem Raum ist beeindruckend und unterstreicht die Tatsache, dass die Region Baselland viel zu bieten hat. Dass es sich lohnt, in Form von Kunst immer wieder neue Stimmen, die für die Gegenwart stehen, zu sammeln und so für die Zukunft zu erhalten und zu dokumentieren.
Text von Chantal Schleiffer, kulturelles.bl