Life, Love, Justice

23.8.  —
30.8.2020

«Next Generation»


Diplomausstellung Bachelor und Master Institut Kunst HGK FHNW

2020 Llj Institut Kunst Weber Steinegger Chk Kopie
Dorian-Orlando Weber, Der blaue Hummer; Simone Steinegger, The legacy of hugs. Ausstellungsansicht Life, Love, Justice, Diplomausstellung Bachelor und Master Institut Kunst HGK FHNW in Basel, Kunsthaus Baselland, 2020. Foto: Christian Knörr
2020 Llj Institut Kunst Tissot Chk Kopie
Kelly Tissot, Hurdle and locket. Ausstellungsansicht Life, Love, Justice, Diplomausstellung Bachelor und Master Institut Kunst HGK FHNW in Basel, Kunsthaus Baselland, 2020. Foto: Christian Knörr
2020 Llj Institut Kunst Paratte Brunko Chk Kopie
Lara Paratte, Deep down the oceans are rising hydrothermal vents; Céline Maria Brunko, Remember the earth’s crackles. Ausstellungsansicht Life, Love, Justice, Diplomausstellung Bachelor und Master Institut Kunst HGK FHNW in Basel, Kunsthaus Baselland, 2020. Foto: Christian Knörr
2020 Llj Institut Kunst Lurati Bollinger Chk Kopie
Lisa Maria Lurati, Stage for disappearance; Laura Bolliger, Komposition aus neun Teppichen. Ausstellungsansicht Life, Love, Justice, Diplomausstellung Bachelor und Master Institut Kunst HGK FHNW in Basel, Kunsthaus Baselland, 2020. Foto: Christian Knörr
2020 Llj Institut Kunst Buehler Plattner Bucher Chk Kopie
Anna Zoe Bühler, We're not even leaving the ground; Mirjam Plattner, offset; Patricia Bucher, o.T.. Ausstellungsansicht Life, Love, Justice, Diplomausstellung Bachelor und Master Institut Kunst HGK FHNW in Basel, Kunsthaus Baselland, 2020. Foto: Christian Knörr
2020 Llj Institut Kunst Cheyenne Oswald Chk
Cheyenne Oswald, verbandet, 2020. Ausstellungsansicht Life, Love, Justice, Diplomausstellung Bachelor und Master Institut Kunst HGK FHNW in Basel, Kunsthaus Baselland, 2020. Foto: Christian Knörr
2020 Llj Instiut Kunst Anita Mucolli Chk
Anita Mucolli, I used to stand by the window and the sun would almost burn my face, but that day, I remember clearly, it actually did., 2020. Ausstellungsansicht Life, Love, Justice, Diplomausstellung Bachelor und Master Institut Kunst HGK FHNW in Basel, Kunsthaus Baselland, 2020. Foto: Christian Knörr

Elias Carella, Elise Corpataux


Die diesjährige Bachelor- und Master-Diplomausstellung des Institut Kunst HGK FHNW in Basel — kuratiert von Nikola Dietrich, Direktorin Kölnischer Kunstverein, und Chus Martínez, Leiterin des Institut Kunst — zeigt neu geschaffene Werke von 50 Künstler*innen.

Bereits zum fünften Mal findet die Abschlussausstellung des Institut Kunst im Kunsthaus Baselland statt. Die Tatsache, dass dieses Projekt in einer für die zeitgenössische Kunst wichtigen Institution zu Gast ist und die Zusammenarbeit von Chus Martínez mit Gastkurator*innen, spiegelt die Besonderheit dieses Moments in der Ausbildung von Künstler*innen wider: Sie betont den Übergang vom betreuten Umfeld der Kunsthochschule zu den Herausforderungen der Karriere professioneller Künstler*innen. Das Projekt ist auch ein Ergebnis der kulturellenDichte von Basel und Baselland.

Life, Love, Justice ist die aussergewöhnlichste Ausstellung, die wir beide je gemacht haben – und zweifellos auch die am meisten ersehnte. Im letzten Semester ihres Bachelor- oder Master-Studiengangs am Institut Kunst HGK FHNW in Basel wurden die Künstler*innen, so wie wir alle, in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Aber sie wurden auch der Möglichkeit beraubt, weiterhin ihrer künstlerischen Tätigkeit in den Ateliers und Werkstätten nachzugehen. Als Praxis ist die Kunst in hohem Masse abhängig von der Berührung, vom Aufbau einer kontinuierlichen und beständigen Beziehung zum Material, zum Menschen, zum Leben. Plötzlich herrschte in unseren Köpfen eine bedrohliche Frage: Ist Kunst unter diesen Umständen überhaupt möglich? Wie wird sich dieser neue Status quo auf die jüngeren Künstler*innengenerationen auswirken? Wie werden wir den Kontakt zueinander aufrechterhalten können? Und den Dialog innerhalb einer erweiterten Gemeinschaft von Kunstschaffenden? Kunst und Künstler*innen haben eine entscheidende Rolle in der Gesellschaft gespielt, indem sie ihre Stimme erhoben und sich mit ihren Werken für soziale Gerechtigkeit und Umwelt, Gleichheit und Werte der Empathie und Fürsorge eingesetzt haben.

Alle in dieser Ausstellung präsentierten Werke wurden unter besonderen Umständen geschaffen. Sie sind aus einer radikalen Ungewissheit heraus entstanden: War es angesichts des globalen Ausnahmezustands noch möglich, zu denken und zu produzieren? Die Situation zwang alle Künstler*innen dazu, ihre eigene Praxis zu hinterfragen, nach alternativen Produktionsweisen zu forschen und sich ihre Werke vorzustellen, ohne sie tatsächlich umsetzen zu können. Nach einem Moment der Verzweiflung lautete die allgemeine Antwort: Ja, Kunst macht noch immer Sinn. Kunst wurde zur Quelle einer Erfahrung, die sich so sehr von jener durch die Pandemie aufgezwungenen unterschied, dass sie als eine Art heilendes Element empfunden wurde. Die Berührung, über deren Bedeutung sich die Kunst seit Jahrhunderten bewusst ist, wurde zu einem zentralen Thema. Das gleiche gilt für die Einsamkeit, die Isolation, die Vorstellung von zukünftigen Wiedervereinigungen, die Hoffnung, die Bedeutung von physischer Präsenz und Werken, die sich im gleichen Raum mit uns allen befinden… Dies waren seit jeher grundlegende Themenkomplexe, aber ihre fundamentale Bedeutung wurde angesichts dieser schwierigen Umstände erneut untermauert. Diese Monate zeugen darüber hinaus vom grossen Engagement der Künstler*innen. Das Beharren auf der Kunst entspricht dem Beharren auf der Notwendigkeit, eine Gemeinschaft zu bilden, in deren Zentrum die Erfahrung steht. Kunst zu schaffen hat uns die Relevanz der Produktion einer öffentlichen Sphäre, eines Ereignisses vergegenwärtigt, bei dem wir Kunst und zugleich uns selbst als eine Gruppe, als eine Gesellschaft wahrnehmen können. Beim Betrachten der Werke, die diese Künstler*innen geschaffen haben, sollten wir uns die grundlegende Rolle, welche diese Objekte spielen, und die Liebe, die Künstler*innen in der Welt verbreiten, vor Augen führen.

Hannah Arendt fragte: «Amor mundi — warum ist es so schwer, die Welt zu lieben?» (Denktagebuch. 1950–1973, 2002). In der Tat. Und aus genau diesem Grund existiert die Kunst: Sie verkörpert Liebe zur Welt. Es ist eine Liebe im Sinne der Geste und Provokation, die Welt trotz all ihrer Schrecken zu umarmen, für einander und alle Formen des Lebens Sorge zu tragen. Diese Liebe – verkörpert durch Kunst – verfügt über die Kraft der Empathie und des Engagements für Gerechtigkeit und Gleichheit. Sie ist die Kraft, die unseren öffentlichen Raum formen und zur Basis der Demokratie werden sollte.

In den letzten Monaten haben wir die Welt verloren. Die Welt zu verlieren bedeutet, den Raum zu verlieren, in dem politisches Handeln möglich ist. Angesichts dieses Verlustes scheint es zwingend notwendig herauszufinden, wie ein Band zwischen den Menschen hergestellt werden kann und wie sich die jahrzehntelangen Bemühungen um die Ausweitung der sozialen Bindungen an die Natur, an die soziale Gerechtigkeit und an die Liebe bewahren lassen. Die Kunst und alle in der Ausstellung vertretenen Künstler*innen verkörpern das Bemühen, das für diese Verbindungen wichtigste Element neu zu gestalten: den öffentlichen Raum.

Wir müssen innehalten und unser Handeln reflektieren; wir müssen einen Weg finden, den Werten des Lebens treu zu bleiben. Es ist die Kunst, die uns die dafür notwendige Zeit der Reflexion und Transformation gibt.

Ein besonderer Dank geht an das Kunsthaus Baselland, an die Direktorin Ines Goldbach und ihr Team, für die bereits fünfte Zusammenarbeit bei der Diplomausstellung und für die erneute Gastfreundschaft. Ebenfalls danken wir dem gesamten Team des Institut Kunst für die tatkräftige Unterstützung, von der konzeptuellen Begleitung der Studierenden bis hin zur Umsetzung der Ausstellung.

Text von Nikola Dietrich und Chus Martínez



Wir legen den Fokus in diesem aussergewöhnlichen Jahr verstärkt auf eine digitale Vermittlung und haben alle Künstler*innen in kurzen Videos interviewt, die in der Ausstellung und online gezeigt werden:


Kurator*in: Nikola Dietrich, Direktorin Kölnischer Kunstverein und Chus Martínez, Leiterin Institut Kunst, Kuratorische Assistenz: Marion Ritzmann