Martin Chramosta
12.4.
—
4.5.2014
Opera
Solo Position
Mit der Solo-Position von Martin Chramosta erhält eine jüngere Künstlerpersönlichkeit die Möglichkeit einer ersten Einzelpräsentation im Kunsthaus Baselland. Die Solo-Position ist Resultat eines Wettbewerbs, der von kulturelles.bl auf Empfehlung der Fachkommission Kunst Baselland ausgeschrieben wurde. Ziel des Formats ist es, Künstlerinnen und Künstlern die Gelegenheit einer ersten Einzelausstellung in einem etablierten Kunsthaus der Region im Rahmen der Ernte 2014 zu geben — und damit einen Beitrag an einen vielversprechenden künstlerischen Werdegang zu leisten.
Auszug aus dem Magazin Ernte 2014, das gratis zur Ausstellung auflag
Martin Chramosta hat sich viel vorgenommen. Der in Basel lebende und dort tätige Künstler, der in diesem Jahr die von kulturelles.bl ausgeschriebene Solo Position gewonnen hat, hat ein Gesamtkonzept für die drei Kabinetträume entwickelt. Genauer müsste man sagen: ein Gesamtkunstwerk — eines, das Performances, Wandzeichnungen, skulpturale und architektonische Eingriffe vorsieht und das der Künstler lustvoll unter dem Titel Opera vereint. Doch wenn man Werke und Arbeiten des 1982 in Zürich geborenen Künstlers kennt, versteht man rasch, dass dieser vorgegebene Anspruch nicht ohne ein Augenzwinkern zu lesen ist. Vielmehr lädt Chramosta den Besucher ein, sich in etwas zu verlieren, das vieles andeutet, vorgibt, aufzeigt und doch auch offenlässt.
Wie hat man sich nun das vorzustellen, was hier vor Ort und zugleich für den spezifischen Ort entstehen soll? Für diese erste institutionelle Einzelausstellung setzt Martin Chramosta mehrere (Werk-)Schichten, wie etwa grosse, die Wände einnehmende Wandzeichnungen. Es sind flüchtige Zeichnungen, die der Künstler aus Skizzenbüchern der letzten vier Jahre wählt und die seine Ideen für mögliche Performances, Aktionen, aber auch Eindrücke und Erlebniswelten vereinen. Wie eine Art Hintergrundmusik versteht er diese stark vergrösserten und direkt auf die Wand gemalten Zeichnungen, die sich durch alle drei Räume im Kunsthaus ziehen werden. Lächelnd spricht er deshalb auch von einer ‹Ahnengalerie von Performances›, und so wird schnell klar: So ernst Chramosta diese Zeichnungen und darin in Form gebrachten Aktionen und Performances nimmt, so sehr bringt er immer wieder durch das Mittel der Sprache Witz und Ironie als eine Art Subtext in sein Werk ein. Texte sind denn auch für Martin Chramosta und sein Schaffen zentral.
Für seinen Beitrag für das Kunsthaus Baselland plant er etwa, verschiedenfarbige gerahmte Drucke einzubringen, die er direkt vor beziehungsweise auf die Wandzeich nungen hängen wird. Diese vom Künstler verfassten Textfragmente, die einerseits durch ihre Farbigkeit, andererseits durch die gross gedruckten Überschriften auffallen, entführen den Leser in vom Künstler verfasste fragmentarische Theaterstücke, Bühnenbilder und Dramaturgien. Sie funktionieren als kleine gedankliche Verführer in eine Situation, die eine andere ist als die, in welcher man sich befindet. Neben Wandzeichnungen und Texten plant Martin Chramosta skulpturale Gebilde im Raum: Podeste und Sitzgelegenheiten, die an eine Bühnenarchitektur erinnern und eben auch für zwei vom Künstler geplante Performances dienen sollen. So sind es denn Performances, die Chramosta vordringlich interessieren. Meist tritt er hierbei selbst mit auf, liest Texte und Poesien, fügt musikalische Momente ein und inszeniert mit den gewählten Requisiten eindringliche Raumbilder. Doppelbödigkeit und Ambivalenz sind die Aspekte, die Martin Chramostas Werk stets begleiten; es herrscht zugleich Verführung, lustvoller Humor und Irritation vor — ohne dabei eine ernsthafte Befragung der gewählten künstlerischen Strategien sowie der Rezeption seines Werks auszulassen. So plant der Künstler etwa auch ein Podest als Sitzgelegenheit für den Besucher, das den Blick, statt in die Ausstellung, durch die Fensterfront nach draussen freigibt — zur Erholung, ergänzt der Künstler mit dem bekannten Augenzwinkern, als eine Art ‹Kunstpause› im Ausstellungsraum. Man könnte aber auch ergänzen: um zu prüfen, ob das, was man auf überbordende, skurrile, witzige, ernsthafte Weise in diesem Chramostaschen Gesamtkunstwerk erfahren hat, nicht auch in der Realität seine Anknüpfungspunkte hat — denn manchmal ist das Leben doch eher eine Opera.
Text von Ines Goldbach