Jan Kiefer

Guaud

2.2. —
31.3.2013

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Jan Kiefer, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2013, Foto: Viktor Kolibàl
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Jan Kiefer, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2013, Foto: Viktor Kolibàl
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Jan Kiefer, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2013, Foto: Viktor Kolibàl
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Jan Kiefer, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2013, Foto: Viktor Kolibàl
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Jan Kiefer, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2013, Foto: Viktor Kolibàl
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Jan Kiefer, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2013, Foto: Viktor Kolibàl
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Jan Kiefer, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2013, Foto: Viktor Kolibàl

Mit der Ausstellung Guaud zeigt das Kunsthaus Baselland die erste institutionelle Ausstellung von Jan Kiefer (geb. 1979 in Trier, lebt und arbeitet in Basel).

Jan Kiefers Kunst ist konzeptuell, doch im Gegensatz zu vielen konzeptuellen Kunsterzeugnissen der Gegenwart ist seine Sprache nicht von minimalen Gesten und reduzierten Formen geprägt, sondern von einem direkten und unverstellten Zugang in das jeweilige Thema. Der Künstler verbindet problemlos das Konzeptuelle mit dem Haptischen und führt zahlreiche seiner Arbeiten auch handwerklich selbst aus. Dieses direkte Arbeiten mit dem Material entspricht der direkten theoretischen Auseinandersetzung, und in dieser Arbeitsstruktur ist eine gegenseitige Beeinflussung der beiden Bereiche angelegt. Guaud führt dies exemplarisch vor.

Der wichtigste Ausgangspunkt für die Ausstellung ist die Auseinandersetzung mit dem Thema Handwerk und Handarbeit, das v.a. in den 70er/80er-Jahren das alltägliche Leben mitprägte, ebenso esoterische wie religiöse Ausformungen erfuhr und generell zum Lifestyle gehörte. Aus Handarbeitsmagazinen dieser Zeit entnahm der Künstler einzelne Motive, welche beispielsweise die Errichtung eines Holzregals und das moderne, gesellige Wohnen mit ihnen vor Augen führt, ein selbstgewebtes Kissen mit Sonnenmotiv zeigt, das zur Badefreude im eigenen Pool einen Betrag leistet oder selbstgefertigten Schmuck, welcher der eleganten Robe den letzten Schliff gibt. Diese spezifischen Bilder, deren Herkunft nur schwer nachzuvollziehen ist, rahmt Kiefer in wiederum klar als selbst geschnitzt erkennbare Rahmen aus Arvenholz aus Bergün. Das rätoromanische Wort für «Wald» heisst «Guaud» bzw. «God» im spezifischen Bergüner Dialekt, was wiederum den Titel der Ausstellung bildet. Die Arve, die einen Grossteil des höher gelegenen Engadiner Wald ausmacht, gilt als zäher Baum, der rauhe Höhenlagen um 2500 Meter und eisige Temperaturen aushält. Auch wird der Arve eine vielfältige Verwendung zugesprochen: Sie ist Brenn- und Gebrauchsmittel, sie wird wegen ihrer Beständigkeit beim Lawinenschutz eingesetzt, und ihre Destillate sollen sowohl als Liebes- und Schlaftrank wie auch zur Vertreibung des Bösen eingesetzt werden. Letztere Eigenschaft greift eine grossformatige Arbeit Kiefers auf, die an eine Duftlampe oder an ein Altarobjekt erinnert, wobei das ätherische Öl der Arve olfaktorisch auch die Ausstellung in einen Wohlfühlort verwandeln soll. Eine kleine Edition von T-Shirts, die in der Ausstellung auf selbst gefertigten Kleiderbügeln präsentiert sind, zeigen einen durch Linolschnitt entstandenen sichelförmigen Mond. Hier wie auch in anderen Werken rekurriert Kiefer auf das so genannte «Mondholz», das bei abnehmendem Mond geschlagen, besonders beständig und feuerfest sein soll. Das als «(God)Mondholz» ausgezeichnete Holz wird speziell gekennzeichnet. Jan Kiefer verbindet in diesen Werken immer wieder etymologische Zusammenhänge mit der historischen Bedeutung von Handwerk und reagiert auf diese mit einer eigenen handwerklichen Antwort. Gleichzeitig stellt er Frage nach der gegenwärtigen Einstellung zum Handwerk und ihrem Verhältnis zur zeitgenössischen Kunst.

Ein weiteres Bild aus einem Handwerkermagazin wurde zum Ausgangspunkt für eine grossformatige Skulptur, die zwei Hände zeigt, die in ihrem Gestus an die Hände Buddhas erinnern und mit verschiedenen aneinander gestückelten Jeans-Stoffen überzogen sind. Die beiden zusammengehörigen Skulpturen erhalten wiederum — im Sinne eines Gebrauchskunstwerkes — die Funktion, als Präsentations- und Ausstellungsfläche zu dienen. Jan Kiefer, der schon bei früheren Arbeiten direkte Bezüge zum Alltäglichen suchte, menschliche Eigenheiten und Funktionsweisen studierte oder biographische Momente einfliessen liess, arbeitet regelmässig mit einem Mitarbeiter der Kreativwerkstatt für Menschen mit physischer und psychischer Beeinträchtigung des Bürgerspital Basel. Dieser hat einzelne Tonklumpen so gequetscht, dass die Faustabdrücke im weichen Material sichtbar blieben. Seine Kleinplastiken, die an eine sehr ursprüngliche Form des menschlichen haptischen Gestaltens erinnern, wurden Jan Kiefer für die Ausstellung überlassen. Mit einer kletterseilartigen Schnur verbunden und auf den beiden grossen Hand Skulpturen platziert, evozieren sie Auseinandersetzungen mit den Themen Handwerk, Haptik, Gebrauchsgegenstand und Kunstwerk. In einer weiteren Zusammenarbeit haben Jan Kiefer und Matthias Huber einen kleinen Tisch mit selbst marmoriertem Papier bezogen. Ein zweites, mit Sand gefülltes Tischobjekt in der Ausstellung dient als Präsentationsplattform für so genannte Handschmeichler, die aber im Gegensatz zur üblichen als angenehm empfundenen glatten Oberfläche die rauhen Spuren ihrer Produktion mit Stemmeisen, Handsäge und Messer aufzeigen.

Jan Kiefers Arbeiten haben einen sozio-politischen Grundton, der sich ebenso selbstverständlich äussert wie der ihnen zugrunde liegender Humor. Ihre humorvolle Art, mit ernsthaftem Wissen und Fragestellungen umzugehen, ermöglicht es dem Rezipienten einen leichten Einstieg zu finden, der allerdings auch gefunden werden will.
Text von Sabine Schaschl

Kurator*in: Sabine Schaschl