Erik Steinbrecher

19.9.  —
16.11.2014

HALO ERIK

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Erik Steinbrecher, HALO ERIK, 2014, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2014, Foto: Serge Hasenböhler
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Erik Steinbrecher, HALO ERIK, 2014, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2014, Foto: Serge Hasenböhler
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Erik Steinbrecher, Tote Katze, 2014, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2014, Foto: Serge Hasenböhler
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Erik Steinbrecher, HALO ERIK, 2014, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2014, Foto: Serge Hasenböhler

Erik Steinbrecher ist einem breiten, internationalen Publikum vor allem durch seine Teilnahme an der documenta X (1997) sowie durch weitere grössere institutionelle Auftritte wie etwa 2000 bei Kunst-Werke Berlin, 2001 im MoMA PS1, New York bekannt. Der 1963 in Basel geborene Künstler, der heute in Berlin lebt und arbeitet, wird im Kunsthaus Baselland seine erste institutionelle Einzelausstellung in Basel realisieren und einen speziellen Einblick in sein Schaffen ermöglichen.

Einer Werkeinrichtung von Erik Steinbrecher zu begegnen, heisst, sich dem Unbekannten im Bekannten zu stellen. Der Titel der Ausstellung HALO ERIK spielt denn auch auf den Begriff des Halo-Effekts aus der Sozialpsychologie an. Damit beschreibt man gemeinhin eine kognitive Verzerrung, die darin besteht, von Bekanntem — etwa von bekannten Eigenschaften einer Person — auf etwas Unbekanntes zu schliessen. Humorvoll, eigensinnig und zugleich mit grosser Ernsthaftigkeit gibt der in Basel geborene und in Berlin lebende Künstler dem Unerklärlichen, dem scheinbar nicht im Einklang Stehenden eine Form, die am Vertrauten rüttelt.

Da ist etwa die Gruppe von schwarzen Gegenständen, die dem Besucher im ersten Ausstellungsraum begegnet. Gleich einer schwarzen Lineatur im Raum vermitteln sie den Eindruck, als hätte gerade jemand diesen Raum verlassen, hätte Dinge wie Gitarre und Mikrofon soeben abgestellt. Und doch ist alles bereit, angeschaltet und im Moment des Agierens begriffen. Da ist etwa Black Star: eine Gitarre, die mit einem Ton angeschlagen wurde und mittels einer Rückkoppelung diesen Ton über Stunden im Raum hinweg hält — so lange, bis man ihn abschaltet. Oder die Arbeit Tote Katze: ein verhülltes Mikrofon auf einem Ständer, an dem ein Kassettenrekorder hängt, der kontinuierlich — in einer Art Endlosschleife — jeden Ton im Raum aufzeichnet und in der Folge wieder überspielt. Die Gegenstände scheinen allesamt auf eine merkwürdige Weise auf sich selbst bezogen und agieren unabhängig von unserem Tun.

Hier klingt auch die Frage an, welches Verhältnis wir mit den Dingen um uns herum eingehen, wie wir auf das reagieren, was uns tagtäglich widerfährt. Steinbrecher verdichtet dies im zweiten, sehr malerisch anmutenden Raum. Hier sind es durchgehend helle Gegenstände wie Kühlschränke, ein nicht aktivierter Luftsack, Schirmständer, Kabel, Mixer, die der Künstler zu einer Gruppe zusammenfügt und mit eigenen, von ihm geschaffenen Werken kombiniert. Da sind etwa die grossen, an den Wänden stehenden perlmuttfarbenen Spiegel oder das seltsam neugierig in den Raum wachsende Stahlrohr mit dem Titel Nase. Gewöhnliches wird besonders, Bekanntes seltsam. So alltäglich all diese Gegenstände und Werke bisweilen anmuten, so fremdartig, rätselhaft, witzig oder auch höchst irritierend werden sie durch Nachbarschaften, Isolierung und Gruppierungen. So wirkt eine einfache Schaufensterpuppe, allein dadurch, dass sie mit zu grossen Sportschuhen und einer Maske versehen wird, plötzlich verstörend auf uns. Es sind unsere Wahrnehmung, unser Urteilen und Erinnern, die einen Gegenstand mit positiven oder negativen Gefühlen behaften und bei uns eine leichte Beunruhigung auslösen.

Schwarz — Weiss. Erik Steinbrecher klagt nicht an, setzt keinen bissigen Kommentar zu dem, was uns tagtäglich begegnet. Vielmehr ermöglicht er durch ungewöhnliche, lustvolle und oft auch humorvolle Überzeichnungen eine neue Achtsamkeit auf die Absurditäten und Ungereimtheiten des Alltags, ohne deren Poesie und deren Witz dabei zu übersehen. Es zeigt sich darin auch der Wunsch, die kindliche Neugier an Gegenständen und deren vielfältigen Möglichkeiten für einmal wieder zu entdecken und zu erleben — dann kann ein Stiefel eben nicht nur Stiefel, sondern auch Behälter sein. Es ist nicht die Logik, die hier wichtig ist, sondern eine zarte Beunruhigung, die einem die Unerklärlichkeiten und Unmöglichkeiten des Alltags ein bisschen deutlicher vor Augen führt.
Text von Ines Goldbach

Parallel zur Einzelausstellung von Erik Steinbrecher wurde jene von Toon Verhoef im Kunsthaus Baselland gezeigt.

Kurator*in: Ines Goldbach