Dan Perjovschi
5.4.
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4.6.2008
Fair enough
Dan Perjovschi (*1961 in Sibiu/Rumänien, lebt in Bukarest) hat in den letzten Jahren mit seinen unprätentiösen, comic-artigen, politisch-aktivistischen und humoristisch-ironischen Zeichnungen auf Wand- oder Fensterflächen auf sich aufmerksam gemacht.
Perjovschi, der das Weltgeschehen mit regem Interesse verfolgt, ist in Rumänien auch für seine politisch konnotierten Performances bekannt, ebenso wie für seine journalistischen Aktivitäten um das Magazine 22, einer Publikation, die nach dem Fall von Ceausescu 1987 ins Leben gerufen wurde. Mit seiner künstlerisch einzigartigen, direkten Sprache, die eine Verbindung zu Kinderzeichnungen und zur Art Brut aufweist, formuliert er Kommentare zu internationalen Ereignissen, zu lokalen Vorkomnissen oder über jene Welt, in welcher sich seine Werke manifestieren — der Kunstwelt. Mit Permanent Marker oder Kreide, ohne Vorzeichnungen, sondern nur mit einem groben Konzept des zu Kommentierenden, begibt der Künstler sich jeweils vor Ort in den unmittelbaren Schaffensprozess. Dan Perjovschi agiert dabei sehr orts- und raumspezifisch.
So hat er sich für die Ausstellung Fair enough im Kunsthaus Baselland die für das Gebäude sehr charakteristischen Fensterreihen vorgenommen. Ausgestattet mit den aktuellen Tagezeitungen, Zeitschriften und einem Internet-Zugang zu Newsagenturen wird der Künstler vor Ort sowohl neue Zeichnungen entwickeln, als auch sein vorhandenes Repertoire an Zeichnungen weiterverwenden, im Sinne einer Weiterentwicklung oder Neuinterpretation oder schlichtweg als logisch-kommentatorische Ergänzung zur jeweiligen Nachbarzeichnung. Das Aufwachsen innerhalb eines diktatorischen Staatssystems, dessen Zerfall und die sich immer noch im Wandel befindende Gesellschaft, welche vom Kommunismus zum Kapitalismus überführt werden soll, sind wiederkehrende Themen in Perjovschis Werk. So hat der Künstler beispielsweise in Zeichnungen im ehemaligen portugiesischen Bankgebäude Culturgest Porto ein Dollar- ebenso wie ein Euro-Zeichen an deren jeweiligem Ende in ein Hammer- und Sichel-Symbol überführt, oder die Sterne in der Europaflagge nach unten ausrinnen lassen. Wie funktioniert der Wandel von Kommunismus zu Kapitalismus, und ist das europäische System tatsächlich ein heilbringendes System, scheint er zu fragen? Den gesellschaftlichen Werte- und Normenwandel von 1968 bis 2007 bringt Perjovschi schlicht mit einer Zeichnung auf seinem aktuellsten Buch auf den Punkt: Die für das Jahr 1968 eine mit dem Peace-Fingerzeichen ausgestattete, langhaarige Figur ist einer Figur in Soldatenkleidung und mit erhobenen Stinkefinger gegenüberstellt. 1968 wird mit «Love» übertitelt, 2007 hingegen mit «Fuck».
Perjovschis Zeichnungen kommentieren, sie analysieren und beissen, sie bringen Zerredetes auf den Punkt, sind polemisch und kritisch zugleich. Sie bestechen durch ihre Schlichtheit, ihre Unmittelbarkeit und lassen Gleichgültigkeit nicht zu.
Text von Sabine Schaschl