Space Invaders

21.5.  —
3.7.2005

A discussion about painting, space and its hybrids

In den letzten zwei bis drei Jahren postulierten kunsttheoretische Beiträge und Ausstellungen und nicht zuletzt der Kunstmarkt eine Renaissance der Malerei. Trotz der in der Geschichte der Kunst zyklisch wiederkehrenden Ankündigungen vom Ende der Malerei, überlebte diese alle Angriffe gegen sich unbeschadet, und sucht — nicht zuletzt wegen der zahlreichen Todes- und Wiederauferstehungserklärungen — nach ständiger Weiterentwicklung, neuen (Bild-)Sprachformulierungen und den Beziehungen zu ihrer Vergangenheit. Nicht die Prognose einer Wiederkehr der Malerei steht in der Ausstellung Space Invaders im Mittelpunkt, sondern vielmehr die Frage nach zeitgenössischen Formulierungen einer Selbsterneuerung aus den genuinen Mitteln der Malerei heraus.

Was seit der Moderne mit einem «Ausstieg aus dem Bild» als zunächst konzeptuelle und materielle Handlung begann (Mark Rothko, Barnett Newman, Lucio Fontana, Yves Klein, Günther Uecker, Daniel Buren, Robert Barry, Dan Flavin, um einige zu nennen), erfuhr in den 90er-Jahren eine erweitere Diskussion unter dem Stichwort der Interdisziplinarität, der Grenzüberschreitung einzelner Medien. Die Expansionsbewegung vom gerahmten Raum über den Konzeptraum in den Aussenraum hat ihren Widerhall in den Werken der zeitgenössischen Kunst gefunden. Als kuratorische Klammer untersucht Space Invaders in der Folge, bezogen auf die Innenraumsituation des Kunsthaus Baselland, die Beziehungsfrage zwischen Malerei und Raum und ihren Hybridisierungsformen. Jede einzelne der ausgewählten Kunstpositionen berücksichtigt darüber hinaus eigene, spezifische Themenfelder.

Stéphane Dafflon disloziert Bilder aus den Sektoren Dekoration und Design und überträgt sie in scheinbar allgemeingültige Formen, mit denen er einzelne Räume in hyperreale, artifizielle Szenerien verwandelt. Auf der Klaviatur des bereits Existierenden spielend und selektierend nach Farbe, Form, Struktur, räumlichen Dimensionen sowie kunst- bzw. kulturhistorischen Konnotationen, generieren John Armleder und Gerwald Rockenschaub hybride Formen der Malerei. Dominique Figarella ‹malt› mit Existierendem inklusive den Spuren dieser Existenz. In seinen jüngsten Malereien integriert er Fotografien, die Reflexionen/Spiegelungen auf den Oberflächen seiner eigenen Malereien zeigen. Stéphane Calais navigiert wie kaum ein anderer mit den verschiedensten Disziplinen und gestaltet dabei collageartige Rauminszenierungen, die beispielsweise — wie in der Ausstellung im Kunsthaus Baselland — die Werke des Künstlerkollegen Figarella mit einbeziehen. Eine den Raum einspannende Verschränkung unternimmt Renée Levi, die ihre gesprayten Malereien auf zwei gegenüberliegenden Wänden installiert. Der mit dem Vorgang einer Zeichnung vergleichbare Spray-Malprozess kreiert sowohl bildimmanent als auch extern wirksame Raumstrukturen, die einen Diskurs zu Zeitlichkeit, Textur, Ornament, Zeichnung und Wahrnehmung in die Gegenwart einbringen. Über die Sprache einer modernistischen Architektur greift Toby Paterson zurück auf sozio-kulturelle Alltagsstrukturen und ihre Formulierungen. Als Skateboarder ist sein Erleben physisch geprägt, erfuhr er sich doch sprichwörtlich diverse städtische Raumgefüge. Ebenso lokalisiert Shaun Gladwell auf seinem Skateboard urbane Zustände, die er auf seinen Videos festhält und durch verlangsamte Aufnahmewiedergabe sowie bewusst gewählten Ausschnitten in eine Art William Turner’sche Videomalerei übersetzt. Für Lori Hersberger stellt die Kunst «immer ein räumliches Ereignis dar, sei es musikalisch, ideell oder konkret visuell». In seinen installativen Malereiräumen bezieht er Elemente wie zerbrochene Spiegel, Wortlaute in Neonschrift, bearbeitete Styroporbalken und Tagesleuchtfarbe ein.

Space Invaders vereint künstlerische Positionen, die das Machen von Kunst permanent hinterfragen, die unmittelbare Bezüge zur Malerei aufweisen und diese immer wieder von neuem untersuchen, um daraus weitere Entwicklungen zu generieren. Die Eroberung von und der Umgang mit Räumen ist für die Werkkreation ein jeweils mitbestimmendes Thema.
Text von Sabine Schaschl

KuratorIn: Sabine Schaschl

Armleder John G 2005 1
John Armleder, All night party, 2003/2005; Rhizostomeae, 2005, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2005

John Armleder im Gespräch mit Sabine Schaschl-Cooper (SSC) und Eva Scharrer (ES):
SSC: In Zusammenhang mit den Weihnachtsliedern, die Du von unterschiedlichen KünstlerInnen für das Label Villa Magica Records sammelst, erwähntest Du einmal, dass alle Missverständnisse bezüglich der Weihnachts-Ikonographie in globalen Dimensionen Hybridformen erzeugen. Magst Du Hybride?

JA: Die Welt von Santa Claus ist extrem komplex und, nach Darwinistischen Maßstäben, durch und durch anspruchsvoll. Es wird etwas gefeiert, an dem Santa Claus nicht beteiligt ist. Er verkörpert ja den Heiligen Nikolaus, und wie wir alle wissen, wird dieser Tag lange vor Weihnachten gefeiert. Er reist jedoch mit Rentieren — einschließlich eines gelegentlich betrunkenen — und macht Kinder mit dem schizoiden und paranoiden Glauben vertraut, indem er für sie Schelte parat hält, während er Geschenke verteilt und sie dazu anregt, am Abend oder in der Nacht den Kamin zu kontrollieren. All das zu Ehren eines neugeborenen Kindes, gleichzeitig der Beginn einer Jahrhunderte dauernden Zeitrechnung, welche natürlich auch jene erfasst hat, die auch nicht im Entferntesten an diese Geschichte glauben, während andere in Kirchen beten, in denen niemals Tannenbäume wachsen. Wenn Du verstehst, was ich meine. Aus dieser Sache entstehen natürlich Ikonen unterschiedlichster Art, Lieder und Ornamente, Kochrezepte und Familienzusammenkünfte — auf der ganzen Welt. Alle möglichen Dinge, die jenen ähneln, denen wir uns das ganze Jahr über in unserer Kunst-Community hingeben. Es ist ein anderer Ort, an dem eine Sache dann voll und ganz gültig ist, wenn sie für etwas anderes steht bzw. verwendet wird. Und dann — zusammen gefügt — pflanzt es sich fort. Einige Aliens da draußen sind so rein wie Kristalle, aber versuche nicht, auf diesem Planeten an solchen Dingen zu rühren. Wir sind sicher Hybride, und so ist unsere Kunst. Und genau das macht Spaß. Nimm einfach einen reinen Klumpen von irgendwas, und du wirst sehen, dass er sich vermengt oder zumindest in den gemischten Zerealien oder in durchsichtigem bernsteinfarbenem Aspik schwimmt. Jolly Jelly!

ES: Du bist ebenso wie andere an dieser Ausstellung beteiligte Künstler, z.B. Stéphane Dafflon, Toby Paterson oder Gerwald Rockenschaub (zwei davon hattest Du selbst zu einer Schau eingeladen), an Design, Möbeln und Innenarchitektur interessiert. Deine Wurzeln scheinen aber woanders zu liegen, da Du eher von einem Fluxus beeinflussten Hintergrund kommst. Wo siehst Du Ähnlichkeiten oder Parallelen? JA: Wenige von uns sind Bergleute.
Auszug aus der Publikation Space Invaders

Calais Stéphane G 2005 1
Stéphane Calais, Ambassade de France a Bâle, 2005, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2005

Stéphane Calais (SC) im Gespräch mit Sabine Schaschl-Cooper (SSC) und Eva Scharrer (ES):
SSC: Eine der Haupteigenschaften deiner Arbeit ist der Mix unterschiedlicher Disziplinen. Das Zeichnen spielt eine wichtige Rolle für dich, gefolgt von Malerei, Collagen, Skulpturen, Installationen und hergestellten Objekten. Wie entscheidest du, welches Medium du heranziehen möchtest? Wie beeinflusst die Kombination von Medien deine künstlerische Vorgangsweise?

SC: Ich sehe mich hauptsächlich als dessinateur. So denke ich, und ich habe mein Denken danach ausgerichtet, so wie man das für jede Disziplin machen kann. Aber es handelt sich hier lediglich um ein ‹Mittel›, eine Methode. Wenn ich davon ausgehe, dass jeder Gegenstand, ungeachtet seiner Größe oder Funktion, gezeichnet bzw. entworfen wurde oder erst gezeichnet bzw. entworfen wird, bevor man ihn der Endfertigung zuführt, kann das Zeichnen als Basis für alle Erfahrungen dienen, die mir meine künstlerischen Bestrebungen und Zielsetzungen in Aussicht stellen. Auf diese Weise kann ich Collagen, Malereien usw. machen, solange sie meinem Zweck dienen. Und noch ein weiterer wichtiger Aspekt: Bestimmte Ideen, z.B. Gefühle, sind für mich nur unter gewissen Bedingungen und in gewissen Formen möglich. Und so navigiere ich eben sorglos von einem Genre zum nächsten, um bestimmte Orte der Realität zu kartieren oder, besser gesagt, lediglich zu streifen, ohne dabei die Absicht zu haben, einen Stil, eine Signatur oder ein Logo zu hinterlassen.

ES: Deine Verwendung von Wandmalerei und historischen Versatzstücken, wie z.B. den Tondi, scheint von illusionistischen Raumkonzepten inspiriert zu sein — wie barocke Wanddekoration und Trompe-l’œil, deren Ziel es war, die Oberfläche der Wand vollständig zu negieren. Ebenso scheinen die vor den Wandgemälden platzierten Objekte, wie dies bei La Corbeille vor Le Bocal der Fall ist, das Bild in den dreidimensionalen Raum auszudehnen. Erachtest du deine Verwendung von Raum als «illusionistisch» oder «anti-illusionistisch», wie es Pierre Staudenmeyer ausdrückte?

SC: Pierre bediente sich dieses Ausdrucks in Zusammenhang mit den von mir verwendeten Materialien, die ohne Umschweife, ganz direkt eingesetzt werden. Der geflochtene Korb (wie in La Corbeille) visualisiert die Geste, durch die er gefertigt wurde. Seine Struktur ist offensichtlich. Das Gleiche trifft auf die übrigen Teile der Arbeit zu — alle Prozesse sind evident. In dieser Hinsicht ist meine Arbeit anti-illusionistisch, es gibt keinerlei Mysterium und keine Taschenspielertricks.
Auszug aus der Publikation Space Invaders

Stéphane Dafflon (SD) im Gespräch mit Sabine Schaschl-Cooper (SSC) und Eva Scharrer (ES):
ES:
Du bist vor allem für Deine eleganten, großformatigen Wandmalereien bekannt, die eine enge Beziehung zur Wanddekoration aufweisen — hinsichtlich ihrer formal reduzierten, repetitiven Muster, der Verwendung von Farbe und der Vorliebe für die Ästhetik von Logos, Schildern, Industriedesign oder die grafische Sprache der Techno-Kultur... Wie würdest Du Deinen künstlerischen Hintergrund beschreiben, und woher stammt Deiner Meinung nach Dein Interesse an Design und Architektur?

SD: Es stimmt, dass ich mir für meine Arbeit Design-Elemente aneigne — ich interessiere mich da hauptsächlich für die in diesem Bereich angewendeten Produktionsmethoden. Hingegen, wenn sich meine Arbeit architektonischer Elemente bedient, liegt mein Interesse dabei vor allem in der Organisation des Raumes, seiner Aufteilung und dem Schlendern darin. Eine Arbeit, die all diese Einflüsse sicherlich am besten widerspiegelt, ist Airless, die in der Galerie Air de Paris im Jahr 2000 gezeigt wurde; der Titel ist eine Anspielung auf die Airbrush-Technik. Dabei wurde eine Modellierung des gesamten Ausstellungsraums — einer Hülle — vorgenommen, mit dem Ziel, Gemälde auf Leinwand präsentieren zu können. Die Betrachter waren eingeladen, in eine mit abgerundeten Ecken versehene Luftschleuse einzutreten (diese war zur Gänze in einem leuchtend-synthetischen, das Neonlicht reflektierenden Weiß bemalt), um darin fünf abstrakte Malereien zu entdecken, die auf unterschiedlicher Höhe hingen. Diese Installation sollte den Eindruck des Schwebens im Raum erwecken und den Betrachtern nur einen Bezugspunkt geben — die abstrakten Bilder.

SSC: Wie ist Dein Verhältnis Du zur klassischen abstrakten Malerei, zu Rothkos Farbräumen, zu Barnett Newmans raumgreifenden Zip-Paintings oder zu den Minimal-Art-Skulpturen von Donald Judd? Waren diese für Dich Anregungen, baust Du auf ihrem Erbe auf, oder hast Du andere historische Vorbilder?

SD: Natürlich steht meine Arbeit in Zusammenhang mit der Geschichte abstrakter Malerei und wird auch von ihr bereichert, aber ebenso wie von der Kunstgeschichte kann ich auch vom schnittigen und stimmigen Design eines Ford Mustang Fastback Baujahr 1965 beeinflusst sein.
Auszug aus der Publikation Space Invaders

Figarella Dominique G 2005 1
Dominique Figarella, Qui est?, 2004, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2005

Dominique Figarella (DF) im Gespräch mit Sabine Schaschl-Cooper (SSC) und Eva Scharrer (ES):
SSC:
In Deinen jüngsten Arbeiten fügst Du die Fotografie in die Malfläche ein. Die Fotografien zeigen aus dem Leben gegriffene Momente mit Gemälden, bei denen sich Kameralichter oder eine Filmcrew auf einer gemalten Oberfläche spiegeln. Durch Einfügung dieser Fremdelemente in Deine Malerei addierst Du viele neue Auslegungsschichten. Welche waren für Deine Gestaltungsvorbereitungen wichtig?

DF: Es handelt sich darum, auf einem gleichen Bildträger zwei Verfahren anzuwenden, ein malerisches und ein fotografisches. Und eine Methode zu finden, diese beiden einander wesensfremden Formen auf dem gleichen Träger aufzutragen, ohne eine Priorität in der Reihenfolge festzulegen. Als ob diese beiden Gattungen voneinander frei und unabhängig (entkoppelt) wären, obwohl sie gemeinsam Formen auf einer homogenen Fläche bilden. Wenn mir ein derartiger Gedanke vorschwebt, so deshalb, weil er sofort einen anderen evoziert. Man kann sagen, dass die Geschichte in meiner Arbeitsweise in einer Art freiem Spiel mit dem Materialien, gleichsam durch Zufall, zum ‹Thema› werden kann. Die Malerei sollte daher weder auf das fotografische Bild zurückgreifen, um es im Bildraum aufzulösen, noch sollte das fotografische Bild eine Komposition der Malerei bestimmen. Ich glaube, dass es für diese Art von Beschränkungen wenige Lösungen gibt. Jedenfalls besteht meine Methode darin, ein Foto eines Gemäldes vor dessen Fertigstellung zu machen, ein Dokument nach Art eines Making-of. Wenn man im Stadium der Erarbeitung, in dem die Farbschicht noch nicht trocken ist, jene fotografiert, erfasst man an deren Oberfläche das Bild dessen, was sich ringsherum spiegelt, im gleichen Augenblick, in dem man die Umrisse, die Farbe und das Gefüge ihrer Form erfasst. Das, was sich ringsherum darin spiegelt, ist ungefähr Alles und Nichts: alles, was herumliegt und in dem Augenblick an dem Ort passiert, an dem ich arbeite, sei es Atelier oder Ausstellungsraum. Natürlich ist das, was geschieht, oft durch meine Tätigkeit selbst ausgelöst, die umgekehrt davon beeinflusst wird. Meine Tätigkeit spielt mit zwei verschiedenen Geschehen — jenem der Erzeugung des Gemäldes und jenem, das sich ringsumher abspielt (die Beliebigkeit des Lebens), vereint auf einem gemeinsamen Träger, in einem einzigen Archiv, ohne dass sie sich gegenseitig erklären.

ES: Du fügst reale Gegenstände in Deine Bilder ein, Du arbeitest mit Spiegelungen auf der Fläche eines Bildes, Du fügst wiederum diese Spiegelung über eine Fotografie in ein Bild ein, und du fügst fotografische Darstellungen einer Bildoberfläche (einschließlich der Spiegelung) in ein Bild ein... Dieses höchst komplexe und verwirrende Spiel mit Wirklichkeit und Repräsentation, mit echtem Raum und Raumsimulation, erinnert sehr an die Art, in der die Kubisten die Wirklichkeit in ihre Collagen eingefügt haben — insbesondere an das Einfügen einer falschen Wirklichkeit als (anti-)illusionistisches Trompe-l’œil. Alles in allem ist es ein sehr konzeptueller Zugang zur Malerei — wie wichtig ist es für Dich, dass dieser Zugang explizit innerhalb des Mediums der Malerei geschieht?

DF: Das stimmt. Ich interessiere mich sehr für den Kubismus, und zwar aus ganz anderen Gründen als jenen, die der Formalismus vorbringt. Und am kubistischen Raum interessiert mich auch das, was er später bei den Konstruktivisten und bei Kurt Schwitters entwickelt hat. Um aber diese sehr präzise Frage zu beantworten, so glaube ich, dass die konzeptuelle Dimension meiner Bilder weder für das Medium Malerei noch für alles andere spezifisch ist, was ich verwende, um sie zu malen — was aber wiederum nicht Malerei ist. Es ist für mich sehr schwierig, mir das Wirken beider getrennt vorzustellen. Würde man die analytische Anstrengung unternehmen, in meiner Arbeit die Spuren von Malerei (mit Pinsel oder anders gemalt) von dem zu trennen, was nicht durch Malen entstanden ist — um sie getrennt zu verstehen — so glaube ich, dass man nicht sehr weit käme. Es handelt sich immer um eine Beziehung, welche ich praktiziere. In der Malerei interessiere ich mich für ihre Art der Beziehung zu dem, was sie nicht ist; für die Art, wie sie sich einen Freiraum innerhalb ihrer praktischen Bedingungen aushandeln muss. Wenn ich male, schreiben sich die Gegenstände oder die Bilder gleichzeitig mit der Malerei auf dieselbe Fläche ein, daher müssen sich die technischen Anforderungen und die Zeitlichkeit der Verfahren des einen Mediums an jene des anderen anpassen. Die Gegenstände oder Bilder haben in meinen Gemälden keinerlei Bedeutung an sich, jedenfalls verwende ich sie nicht, um damit dieses oder jenes auszudrücken. Ihre inhärenten Bedeutungen verstricken sich, verlieren ihre logische Beziehung, und finden eine andere, allein der Logik der Malerei immanente. Ich würde also nicht sagen, dass ihre nicht-malerische Dimension die konzeptuelle Bedeutung meiner Malerei ausmacht, sondern eher die Beziehung, die sie mit dem unterhält, was sie nicht ist.
Auszug aus der Publikation Space Invaders

Gladwell Shaun G 2005 1
Shaun Gladwell, Storm Sequence, 2000, Courtesy the artist and Shermann Galleries

Shaun Gladwell (SG) im Gespräch mit Sabine Schaschl-Cooper (SSC) und Eva Scharrer (ES):
SSC:
Deine Position in dieser Ausstellung ist eine sehr interessante, da du von der Malerei abgekommen bist (die du aber nach wie vor praktizierst) und mit Videos begonnen hast, von denen einige als Hauptmotiv das Skateboardfahren aufweisen. Du bist ein erfahrener Freestyle-Skateboarder, hast auch schon Wettbewerbe gewonnen, und außerdem von deiner Ausbildung her Maler. Mich würde die hybridartige Verschränkung dieser zwei Bereiche in deiner Kunst interessieren. Könntest du mir erklären, wie du zur Mischung dieser beiden — vom Standpunkt der meisten Kunstbetrachter — gegensätzlichen Praktiken gekommen bist?

SG: Für mich ist es ein reibungsloser Übergang, meine künstlerische Praxis mit dem Skateboarding zu verbinden. Mir war die kreative Energie dieses Sports immer bewusst, und ich nahm auch Anteil daran. An der Kunstakademie begann ich dann, die Möglichkeiten des Skateboarding auszuloten, d.h. sich innerhalb unterschiedlicher Genres zu bewegen — (Selbst-)Portraits, Landschaftsmalerei und die zeitgenössische Praxis von Performances und Videoinstallationen. Dann machte ich Videoarbeiten, die das Skating thematisieren, und nahm dabei auf einige kritische Dinge Bedacht. Ich wollte z.B. nicht, dass sich die Arbeit auf die Skater-Subkultur reduzieren lässt. Es gibt andere Künstler, denen die Kodifizierung der Subkultur vertrauter ist, etwa Mark Gonzalez, Ed Templeton usw. Meine Arbeit möchte sich von den Ursprüngen der Subkultur etwas absetzen. Ich denke, dass dieser Prozess der Ablösung beginnt, wenn die konzeptuellen und historischen Referenzen genauso wichtig sind wie die Art und Qualität des gezeigten Skateboard-Fahrens.

SSC: Das Video Linework: A Road Movie steht in Zusammenhang mit den Olympischen Spielen, die im Jahr 2000 in deiner Heimatstadt Sydney ausgetragen wurden. Damals ‹zerteilten› die Organisatoren die Stadt. Sie wollten so die Sicherheit während der Spiele gewährleisten, stellten aber dadurch auch ‹nicht gewachsene›, d.h. unnatürliche, Hindernisse im städtischen Raum auf. Könntest du mir etwas über den Hintergrund dieses Videos erzählen?

SG: Die Olympischen Spiele brachten meiner Meinung nach räumliche und architektonische Umwälzungen mit sich. Die Stadt gestaltete sich in Vorbereitung auf ein Ereignis von begrenzter Dauer komplett um — nicht nur hinsichtlich ihrer Strukturen und Räume, sondern es wurden auch Architekturen der Sicherheit und Überwachung geschaffen. Sobald diese Sicherheitsstrategien implementiert waren, schrieben sie eine Definition der korrekten Nutzung der Stadt und deren Grenzen vor, d.h. sie definierten das Potenzial des kreativen Missbrauchs. Die von dir angesprochene Arbeit ist ein Video, das mit experimentellem Zeichnen vergleichbar ist. Ich filmte mich selbst dabei, als ich mit meinem Skateboard die Marathonstrecke abfuhr — die 42 km Länge waren durch die ganze Stadt mit Farbe eingezeichnet. Ich spielte mit dieser Linie, indem ich durch und um sie herum carvte. Ich wollte, dass diese Arbeit eine Art von ‹gemeinsamer Urheberschaft› beschrieb; die Stadt zeichnete mich, und ich fuhr einer ihrer auffälligsten Linien nach. Ich wollte, dass das Video spielerisch rüberkommt — die Entführung des Marathons mithilfe meines Skateboards.
Auszug aus der Publikation Space Invaders

Hersberger Lori G 2005 2
Lori Hersberger, Ohne Titel, 2005, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2005

Lori Hersberger (LH) im Gespräch mit Sabine Schaschl-Cooper (SSC) und Eva Scharrer (ES):
SSC:
Im Zusammenhang mit Deiner Werkpräsentation bei der von Harald Szeemann kuratierten Biennale in Venedig im Jahre 1999 sprachst Du davon, dass Du einen Wechsel zur Malerei vollzogen hast. Du hast in Deinem Studium mit Videokunst und Bildhauerei begonnen und bereits in frühen Arbeiten mit unterschiedlichen Medien und Inhalten gearbeitet. Was führte zu diesem klar formulierten Wechsel zur Malerei, auch wenn Du immer wieder betonst, dass auch die Beschäftigung mit Video und installativen Arbeiten weiterverfolgt wird?

LH: Meine Malerei stellt insofern einen Wechsel dar, dass der ‹Bruch› aus meiner bisherigen Arbeit heraus entstanden ist, ohne dass sie die Arbeitsweise oder deren Gesetze übernimmt. Ich behaupte sogar ihnen entgegenläuft. Letztlich war für mich entscheidend, direkt und analog und mit dem Zufall arbeiten zu können. Wenn du ohne Zwang zur visuellen Formulierung malst, ist es möglich, dass du neu gewonnene Ansichten zu deinen eigenen Vorstellungen unmittelbar beim Prozess entwickeln kannst. Dadurch erarbeitest du dir ein imaginäres Feld, aus dem deine letztendliche Ausführung abgeleitet sein wird. Nebst der Zeit steht vor allem die Ritualisierung von Zeit und Handlungen im Mittelpunkt. War vorher für mich die Tageszeit eher nebensächlich, ist deren ‹Organisation› nun beim Malen ganz konkret durch das Tageslicht entscheidend ins Zentrum gerückt. Wenn sich die Gelegenheit bietet, verspüre ich auch hin und wieder Lust eine neue Videoarbeit zu realisieren. Dies stellt für mich als Gegenpol eine immer noch interessante Alternative dar. Gerade weil die Arbeitsweise so komplett verschieden ist zur Beschäftigung mit der Malerei. So kann ich die Idee, immer wieder von neuem ans Malen heranzugehen und sie im Verhältnis zu sehen, besser bewahren. Dies ist natürlich zu Beginn einfacher gewesen. Heute, mit dem erweiterten Fokus und vor allem den alltäglichen Anforderungen, ist das nicht mehr so entscheidend.

ES: Deine Malerei war ja von Anfang an räumlich entgrenzt, also nicht unbedingt an das Format eines Bildträgers/Tafelbild gebunden — was sicherlich aus deiner Entwicklung aus der Installation heraus resultiert. Dies spiegelt sich auch in Deiner Arbeitsweise wieder, parallel an mehreren Bildern sowie direkt auf der Wand gleichzeitig zu malen. Würdest Deine Arbeitsweise als ‹performativ› bezeichnen?

LH: Sie ist vielleicht da performativ, d.h. ‹live›, wo die Herstellung oder der Prozess selbst in den Fokus gestellt wird. Die Motorradperformances wären dann eine Art hybrider Action-Painting, das zwischen Spektakel und Kunst operiert, während die Spielräume zur Malerei im Raum oder auf Bildträger, sofern sie nicht im Atelier stattfindet, schlicht situationsbedingt ausfallen. Es ist schwierig vor fremden Leuten, wenn man dauernd Ablenkungen ausgesetzt ist, frei zu malen. Ich arbeite lieber ohne Zuschauer. Dabei bleibt für mich nur wirklich interessant zu wissen, wie es möglich ist, die von mir benötigte Konzentration und Leere in der begrenzten Zeit zu erreichen. Und dies auch am Tag darauf. Ich selbst bin dabei schlussendlich nur am Resultat interessiert. In der Regel male ich nicht simultan auf Wände und Bilder, auch wenn das teilweise anders beschrieben worden ist. Ich mache da einen Unterschied, gerade auch der Bildträger, d.h. der Untergrund, ist dabei wichtig. Die meisten Bilder entstehen im Atelier. Manchmal male ich ein Bild vor Ort fertig und integriere es in die Situation, z.B. mit einer Malerei direkt auf die Wand appliziert, als Hintergrund. Ich bin grundsätzlich am Experiment interessiert. Ich habe auch schon eine weisse Leinwand direkt am Ausstellungsort mit Sprayfarben bemalt, sie von der Wand genommen und das fertige Werk direkt daneben gehängt. Die Restfarbe rund um das Ausgesparte bildete so eine gesprayte Korona um die Leere. Der Prozess des Malens, respektive die Performance, war also vollumfäglich nachvollziehbar geworden. Alles kreist auch bei diesem rein konzeptuellen Ansatz um Absicht und Zufall. Man könnte generell sagen, die Beschäftigung mit diesen Elementen impliziert das Performative in der Malerei.
Auszug aus der Publikation Space Invaders

Renée Levi (RL) im Gespräch mit Sabine Schaschl-Cooper (SSC) und Eva Scharrer (ES):
SSC:
Deine Werke haben meines Erachtens in dreifacher Hinsicht mit Space Invaders zu tun: Erstens haben Deine gesprayten Malereien mit der Graffiti-Szene zu tun, wobei die Sprayer meist die Randzonen einer Stadt erobern, sich durch die schutzbietende Dunkelheit der Nacht schleichen um ihre verbotenen Werke anzubringen und dabei eben den urbanen Raum durchdringen. Zweitens, um Deine Bilder in ihren Details und im Gesamten wahrnehmen zu können, schreiten auch die Betrachter den Ausstellungsraum vor und zurück ab und drittens modelliert der Spraystrich die interessantesten Bild- und Farbräume. Siehst Du Dich als «Space Invaderin»?

RL: Wenn du die Beziehung zwischen der Graffitiszene und mir suchen willst, so ist der gemeinsame Nenner nicht der Umgang mit der Stadt oder dem Raum, sondern das Motiv des Tags, der Signatur. Meine gesprühten Arbeiten sind Signaturen — immer — mal im übertragenen Sinne, mal ganz buchstäblich (die 3m hohen Buchstaben «Levi o3» im Folkwang Museum Essen). Sprayer im öffentlichen Raum benutzen die Sprühdose aber, weil sie mit der Dose Farbe auf fast jeden Untergrund auftragen können, weil sie ihren Bildgrund physisch nicht berühren wollen. Ich benutze die Dose als Werkzeug, weil sie unkompliziert und schnell ist. Die Dose gibt wie kein anderes Zeichnungswerkzeug einen ihr eigenen Rhythmus vor. Wenn ich den Sprühkopf drücke, kommt Farbe, viel Farbe. Wenn ich mit der Dose zum Strich angesetzt habe, muss ich ihn durchziehen, nicht so wie bei einem Bleistift, wo ich mit dem Stift auf dem Blatt auch mal innehalten kann. Mein Gebrauch der Sprühdose benennt Zeit. Ich glaube aber nicht, dass das Werkzeug per se einen interessanten Bild- und Farbraum modelliert. Sicher, mich interessiert der diffuse Sprühstaub einer klar gezogenen Linie, die Setzung des Staubs, der oft im Widerspruch steht zum gegebenen Kontext.

SSC: Ein weiteres wichtiges Element in Deiner Arbeit ist der Bezug zur Architektur, der sich über die spezifische, ortsbezogene Platzierung von Tafelbildern, wie beispielsweise im Treppengelände der Klinik Hirslanden in Zürich, in der Anbringung direkter Spraymalerei, wie in der UBS Schalterhalle in Basel oder in raummanipulativen Situationen, wie in Deiner Ausstellung in Quimper, bei der Du Mauern raumklärend wegnehmen liesst, äussert. Dein ganz spezielles Rauminteresse interagiert mit den Malereien, die Du in den jeweiligen Räumen zeigst oder in denen, wie dies Catherine Perret sagt, der Ort zur Leinwand wird. Sind räumliche Fragen ebenbürtig mit malerischen? Wie entscheidest Du Beziehungsfragen zwischen Raum und Malerei?

RL: Indem ich Raum und Malerei nicht trenne. Für mich ist alles möglicher Ort für Malerei und gelegentlich will oder muss ich den Raum für meine Malerei aufbereiten, was dann halt noch aufwändiger als die Malerei selbst sein kann. Die Frage zu meinem Bezug zur Architektur ist aber die falsche Fährte. Es stimmt, dass ich als Brotberuf Architektur studiert und anschliessend bei zwei Jungs gearbeitet habe, deren Namen damals unbedeutend waren. Meine Arbeiten haben aber viel mehr zu tun mit meiner Sehnsucht nach der verlorenen Kindheit, die in Istanbul begann und im schweizerischen Wohlen jäh geendet hat.
Auszug aus der Publikation Space Invaders

Paterson Toby G 2005 1
Toby Paterson, Black Duplex, 2005, Ausstellungsansicht Kunsthaus Baselland 2005

Toby Paterson (TP) im Gespräch mit Sabine Schaschl-Cooper (SSC) und Eva Scharrer (ES):
ES: Deine Arbeit zeigt ein fast obsessives Interesse an der Formensprache der Nachkriegsarchitektur,vermischt mit scheinbar schwebenden abstrakten Formen, die man auch als mentale oder utopische Landschaften interpretieren könnte. Beide Dinge leiten sich möglicherweise aus Deinen Erfahrungen als Skateboarder ab — aus der Art und Weise, durch eine Stadt zu navigieren und wie modernistische Architektur am besten benutzt bzw. missbraucht werden kann. Wie bist Du auf Kunst als Dein primäres Medium gekommen, und nicht z.B. auf Architektur oder Stadtplanung? Dein Interesse an urbaner Konstruktion scheint über formale Fragen hinauszugehen...

TP: Ich denke, dass ich immer vor allem visuell gedacht habe, und das hat sich üblicherweise im Anfertigen von Zeichnungen manifestiert, die auf das Bezug nahmen, was mich zu einem bestimmten Zeitpunkt eben besonders interessiert hat. Der Weg, den ich gegangen bin, war ziemlich direkt, da ich eigentlich immer ein Kunstbewusstsein hatte, aber mich mehr anstrengen musste, Architektur und Design in sinnvoller Weise wahrzunehmen und zu erfahren, d.h. über das passive Existieren in diesen Räumen hinausgehend. Im Übrigen kann ich nur wenig an den organisatorischen und statistischen Fertigkeiten anbieten, die ein Architekt oder Planer haben sollte.

SSC: Was mir an Deiner Arbeit gefällt sind diese hybriden Überlappungen und Verschränkungen kunsthistorischer Referenzen — Shaped Canvases, die Werke der russischen Avantgarde, De-Stijl — mit modernen architektonischen Elementen, Regalstrukturen sowie Modellen oder Objekten. Als Betrachter wird man mit einer ganzen Fülle an Möglichkeiten konfrontiert, die in zahlreichen Versionen miteinander kombinierbar sind — oder auch nicht. Hier denke ich besonders an El Lissitzkys Proun-Konstruktionen, die er als «Umsteigestation von Malerei zu Architektur» betrachtete. Suchst auch Du nach solchen Umsteigestationen? Wählst Du spezifische historische Elemente aus, oder werden sie eher zufällig als eine Art zeitgenössische Sprache eingesetzt?

TP: Ich bin auf jeden Fall daran interessiert, Punkte zu lokalisieren, an denen Malerei, Architektur und Skulptur in irgendeiner Form zusammentreffen. Ich denke, dass sich historische Referenzen hier als Präzedenzfälle für eine solche gegenseitige Befruchtung eignen. In meiner Arbeit spielt sich nun etwa Folgendes ab: Die Möglichkeit eines kunsthistorischen Bezugs ergibt sich üblicherweise aus einer bestimmten subjektiven räumlichen Erfahrung. Wenn ich mir z.B. das Werk von El Lissitzky, Victor Pasmore oder Ellsworth Kelly ansehe, bekomme ich vielleicht neue Einblicke, eine neue Perspektive. So gesehen läuft das Ganze manchmal nach dem Zufallsprinzip ab, aber es kann ebenso gut sein, dass eine Ideologie, die sich zu einer bestimmten Zeit wie ein roter Faden durch eine Kultur zieht, interessanter ist als die Arbeit eines einzelnen Künstlers.
Auszug aus der Publikation Space Invaders

Rockenschaub Gerwald G 2005 1

Gerwald Rockenschaub (GR) im Gespräch mit Sabine Schaschl-Cooper (SSC) und Eva Scharrer (ES):
SSC:
Du hast in Deiner künstlerischen Tätigkeit als Maler begonnen, jedoch schon bald die offenen Türen zur Welt ausserhalb des kunstimmanenten Bereiches durchschritten und Sprachweisen angewendet, die auch ausserhalb des Kunstkubus bzw. Ausstellungsraumes funktionieren. Ich meine damit beispielsweise das «Augensex»-Poster für die Wiener Festwochen, das Logodesign für den Wiener Schallplattenladen Black Market oder den Orientierungsplan für die Ausstellung Jetztzeit. Bei all diesen Werken konntest Du die Interessen des künstlerischen Handelns mit praktischen Erfordernissen verbinden. Mich interessiert, wie Du an diese Verbindung von — im weitesten Sinne Leben und Kunst — herangehst?

GR: Zu ergänzen wären vielleicht noch die Plakatkampagne für Austrian Airlines (Wien, 1991/1992). Für mich stellt sich grundsätzlich beim Konzipieren solcher Arbeiten die Frage nach einer Verbindung von «Leben und Kunst» nicht, sondern eher jene nach den Anforderungen und Möglichkeiten im zu bespielenden Bereich. Mich interessiert, ob eine Arbeit in einem bestimmten Kontext funktionieren kann oder nicht. So gesehen ist mein künstlerisches Handeln immer an praktische Erfordernisse gekoppelt und der Einsatz der künstlerischen Mittel auf eine Situation oder einen bestimmten Ort bezogen.

ES: Andy Warhol sagte einmal, in Bezug auf seine »Silver Clouds», er wolle der Malerei ein Ende bereiten und sah eine Möglichkeit darin, ein Bild zu machen, das schwebt. Es mit Helium zu füllen und aus dem Fenster schweben zu lassen; dann gäbe es ein Objekt weniger, das man herum schieben müsste, und das wäre die Art und Weise, der Malerei ein Ende zu bereiten. Hattest Du ähnliche Gedanken, als Du anfingst, aufblasbare Bilder zu machen?

GR: Das erste aufblasbare Bild habe ich für eine Ausstellung in der Galerie Susanna Kulli in St. Gallen konzipiert. Ich habe dort ein Ensemble bestehend aus zwei aufblasbaren Wänden, einem aufblasbaren Sofa und zwei aufblasbaren Hockern installiert und dazu, dachte ich, gehört noch ein aufblasbares Bild. Der Gedanke war eher pragmatischer Natur als die Absicht, damit der Malerei ein Ende zu bereiten. Dies hat mich auch nie wirklich beschäftigt, sondern für mich war immer wieder interessant, wie ich malerische Ideen mit anderen Mitteln als Öl und Leinwand umsetzen könnte, z.B. in den Folienbildern.
Auszug aus der Publikation Space Invaders